Druck von allen Seiten: Zahlungsverzug der Sozialämter gefährdet Pflegeeinrichtungen
Druck von allen Seiten: Zahlungsverzug der Sozialämter gefährdet Pflegeeinrichtungen
Sozialämter weisen erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber Pflegeeinrichtungen auf. Das zeigt eine Blitzumfrage des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD). Fast drei Viertel der 130 befragten Träger von sind davon betroffen. Zusätzlich erzeugt die vorausgesagte Zahlungsunfähigkeit der sozialen Pflegeversicherung (SPV) Verunsicherung in der Langzeitpflege.
Berlin, 9. Oktober 2024 | 39 Prozent der befragten Träger, die teilweise mehrere Pflegeheime betreiben, sehen ihre Liquidität durch ausbleibende Zahlungen bereits jetzt oder in absehbarer Zeit gefährdet. „Diese Entwicklung trifft viele Pflegeheime hart. Nun kommt noch die Negativprognose der Pflegeversicherung hinzu. Das verunsichert zusätzlich“, stellt Andreas Wedeking, Geschäftsführer des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland besorgt fest.
Fast jeder fünfte Bewohner von Rückständen betroffen
Laut VKAD-Umfrage werden in insgesamt 287 Einrichtungen der betroffenen Träger Rückstände verzeichnet. In diesen Einrichtungen schulden die Sozialämter Leistungen für durchschnittlich 18 Prozent der Bewohner. Die Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen zieht sich häufig über Monate hin. Die Situation wird sich weiter zuspitzen, da steigende Eigenanteile immer mehr Menschen in die Sozialhilfe zwingen. Häufig muss in Notsituationen aufgenommen werden, etwa bei ungeplanter Entlassung aus dem Krankenhaus oder dem Ausfall einer Pflegeperson. „Jeder, der auf einen Pflegeplatz angewiesen ist, muss diesen auch erhalten – unabhängig von seiner finanziellen Situation“, so Wedeking.
Die große Mehrheit der Träger hat bereits Maßnahmen gegen die Rückstände ergriffen – Mahnungen verschickt, Gespräche mit Landräten, Städten und Kommunen geführt – jedoch ohne Erfolg. „Diese Bemühungen kosten die Mitarbeitenden in den Pflegeheimen wertvolle Ressourcen, ohne dass es besser wird“, so Wedeking. Die Antragsverfahren sind kleinteilig, das Personal in den Sozialämtern knapp. Das Verständnis dafür schwindet bei den Trägern allerdings.
Siehe ein beispielhaftes Pflegeheim in Nordrhein-Westfalen mit 68 Plätzen: Stehen bei annähernd jedem fünften Bewohner die Sozialhilfezahlungen aus, summiert sich das pro Monat auf über 35.000 Euro. Wedeking: „Von keinem Vermieter wird erwartet, dass er monatelang auf seine Mietzahlungen wartet. Aber die Heime werden zu zinslosen Darlehensgebern. Wenn Sozialämter ihre Zahlungen hinauszögern und nun auch die Pflegeversicherung zahlungsunfähig wird, bedroht das die finanzielle Stabilität der Einrichtungen.“
VKAD fordert Vorfinanzierung der Sozialhilfe
Um die akute Finanznot der Pflegeeinrichtungen zu lindern, fordert der VKAD eine unbürokratische Vorfinanzierung der Sozialhilfe. Um die Bearbeitungsdauer zu verkürzen, bedarf es zudem der konsequenten Vereinfachung und Digitalisierung des Verfahrens. „Die Bearbeitung eines Antrags auf Sozialhilfe sollte nicht länger als sechs Wochen dauern“, fordert Wedeking. „Träger brauchen kalkulierbare Fristen und kein Warten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.“
Forderungen zur Stärkung der Altenhilfe
Neben dem Thema Zahlungsverzug sind die Pflegeeinrichtungen von fehlenden Risikozuschlägen und Fristverletzungen bei der Pflegesatzverhandlungen belastet. Der VKAD unterbreitet konkrete Lösungsvorschläge, um die finanzielle Lage von Trägern der Langzeitpflege zu verbessern. Dazu Wedeking: „Die Politik muss die Situation ernst nehmen und die Pflege als wichtigen Teil der Wirtschaft betrachten.“
Download:
- Forderungen des VKAD: VKAD_Positionspapier_Altenpflege_staerken
- Umfrageergebnisse_Zusammenfassung
- Foto Andreas Wedeking | Fotograf: Jens Jeske | Andreas_Wedeking_Portrait.jpg (6016×4016) (vkad.de)
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