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Innovationspreis-Projekt

Inklusion in der Pflege

Name des Projektes:

Inklusion in der Pflege: Berufliche Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung/Umgestaltung von Bereichen des Altenzentrums und des Lebensalltags von Bewohner:innen

Träger:

St. Raphael Caritas Alten- und Behindertenhilfe, Altenzentrum St. Nikolaus, Ludwig-Erhard-Straße 17, 56727 Mayen sowie Weiterbildungszentrum an der Pflegeschule Daun: Gesellschaft der Katharinenschwestern mbH, Seniorenhaus Regina Protmann, Ermlandweg 1, 54550 Daun

Zielgruppe: 

Menschen mit Beeinträchtigungen, Bewohner:innen

Beschreibung: 

Das Projekt verfolgt das Ziel, zwei zentrale gesellschaftliche Herausforderungen gemeinsam in den Fokus zu nehmen und einen konstruktiven Lösungsansatz zu entwickeln: den Fachkräfte- und Personalmangel in der Altenhilfe sowie die Erschließung von Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Handicap im ersten Arbeitsmarkt.

Die Altenhilfe hat das Ziel, Menschen ein Altern in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Gleichzeitig stehen stationäre Pflegeeinrichtungen vor einer dauerhaften prekären Personalsituation. Ein wirksamer Ansatz zur Abmilderung dieser Problematik ist der gezielte und verantwortungsvolle Einsatz von Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus gemäß § 113c SGB XI und den landesrechtlichen Vorgaben in Rheinland-Pfalz. Grundlage dafür bildet das Personalbemessungsverfahren nach Prof. Rothgang, das den Einsatz von Mitarbeitenden über alle Qualifikationsstufen (I–V) hinweg ermöglicht und explizit den Blick für Menschen mit Beeinträchtigungen öffnet.

Durch innovative Versorgungsstrukturen, wie eine integrierte Wohngemeinschaft in einem Seniorenhaus, können Alltagshilfen organisiert werden, die sowohl den Bewohner:innen ein aktives und selbstbestimmtes Leben ermöglichen als auch Menschen mit Handicap neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bieten.

Für eine inklusive Gesellschaft ist es entscheidend, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt am Arbeitsleben teilnehmen können. Dies fördert nicht nur die soziale Teilhabe und Bildungschancen, sondern hilft auch dabei, dem steigenden Fachkräftebedarf in der Altenhilfe entgegenzuwirken. Viele Aufgaben im Pflegebereich auf Qualifikationsniveau I und II sind für Menschen mit leichten geistigen Einschränkungen mit den richtigen Rahmenbedingungen umsetzbar. Zudem bringen sie häufig besondere soziale Kompetenzen mit, die den Bedürfnissen der Senior:innen nach Gemeinschaft und Teilhabe gerecht werden.

Das Projekt verbindet die Bedürfnisse beider Gruppen und schafft eine Win-Win-Situation: Senior:innen profitieren von zusätzlichen Unterstützungsangeboten und einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl, während Menschen mit Handicap neue Möglichkeiten zur beruflichen Teilhabe und Anerkennung erhalten. Die gegenseitige Wechselwirkung führt zu mehr Selbstbestimmung, sozialer Integration und gesellschaftlicher Anerkennung für alle Beteiligten

Welche Verbesserungen konnten Sie erzielen?

Das Projekt hat eindrucksvoll gezeigt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen durch gezielte Unterstützung und Qualifikation erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Die Teilnehmenden haben sowohl praktische als auch theoretische Erfahrungen gesammelt und eine anerkannte Qualifikation erworben, die ihre Chancen auf eine langfristige berufliche Teilhabe erheblich verbessert.

Neun Menschen mit Beeinträchtigung haben im Altenzentrum die Qualifizierung zu Alltagshelfern erfolgreich absolviert und das Angebot erhalten, auch über das Projekt hinaus in der Einrichtung zu arbeiten und gemeinsam den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu gestalten. Aktuell arbeiten fünf von ihnen in verschiedenen Bereichen des Altenzentrums, nicht nur im Wohnbereich, sondern auch in der Tagespflege und in der Küche.

Das Projekt hat auch gezeigt, dass Menschen mit Beeinträchtigung vielseitige Aufgaben in allen Bereichen der Einrichtung übernehmen können. Sie entlasten das Pflegepersonal durch die Übernahme von unterstützenden Tätigkeiten, begleiten die Bewohner:innen bei alltäglichen Aktivitäten und bieten durch Gespräche und soziale Interaktion einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität. Insbesondere im Hausgemeinschaftskonzept, das einen höheren Personaleinsatz erfordert, ermöglichen sie erst die vollständige Umsetzung der Struktur.

Darüber hinaus haben sich neue Perspektiven für das Fachpersonal ergeben. Die enge Zusammenarbeit mit den Projektteilnehmenden hat zu veränderten Sichtweisen geführt und gezeigt, dass insbesondere für Menschen mit Demenz ein besonderer Zugang geschaffen werden kann. Die Bewohner:innen wirken durch die zusätzliche Unterstützung ausgeglichener und stärker in den Tagesablauf integriert.

Aufbauend auf den erfolgreichen Erfahrungen wird angestrebt, ähnliche Initiativen in weiteren Pflegeeinrichtungen zu etablieren. Zudem sollen die Angebote des Weiterbildungszentrums ausgebaut werden, um noch mehr Menschen mit Beeinträchtigung den Zugang zu qualifizierter Bildung und beruflicher Teilhabe zu ermöglichen.

Welche Ressourcen waren erforderlich?

Die Entwicklung des Curriculums erforderte eine umfassende Planungs- und Konzeptionsphase, insbesondere die Festlegung der Lernziele war ein zeitaufwändiger Prozess, da diese gezielt an die Bedürfnisse der beeinträchtigten Zielgruppe angepasst werden mussten. Zudem war es notwendig, Unterrichtsmaterialien zu erstellen und die Dozenten auf ihre Aufgaben vorzubereiten.

Die Qualifizierung der Teilnehmenden erwies sich als kontinuierlicher Prozess, der regelmäßige Evaluierungen und Anpassungen erforderte. Neben der fachlichen Qualifikation mussten die Dozenten über pädagogische Kompetenzen und Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung verfügen. Auch die Mitarbeitenden der Einrichtung benötigten gezielte Schulungen, um eine optimale Integration und Begleitung zu gewährleisten.

Zur nachhaltigen Unterstützung wird angestrebt, einen Inklusionsbeauftragten in der Einrichtung zu beschäftigen, der mit einer 50-Prozent-Stelle als Schnittstelle zwischen Werkstätten, Schulen, Eltern, Mitarbeitenden und Bewohner:innen fungiert. Er übernimmt die regelmäßige Begleitung der Menschen mit Beeinträchtigung und dient als Ansprechpartner für Bewohner:innen und Angehörige.

Die Arbeitsaufträge und Abläufe müssen in leichter Sprache formuliert werden, und der individuelle Einsatz von Menschen mit Beeinträchtigung soll gezielt in die Konzepte der Einrichtung integriert werden, basierend auf ihren persönlichen Fähigkeiten. Eine enge Abstimmung mit den Trägern der Werkstätten ist eine wesentliche Voraussetzung, um eine erfolgreiche Integration in die Arbeitswelt zu ermöglichen.

Für die zukünftige Umsetzung des Projekts sind zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich. Auch die politische Unterstützung ist entscheidend, um rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl eine qualifizierte Ausbildung als auch eine umfassende Begleitung in der Einrichtung langfristig sichern.